Was all den Schreinen wie dem in Asakusa eigen ist, ist der lokale „Orakel-Dienst“, Omikuji genannt, was so etwas wie „Lotterie-Orakel“ bedeutet. Und das funktioniert folgendermaßen:
Neben, im und um den Schrein herum gibt es einige in die Wand eingelassenen Holzeinbaukästen mit zahllosen kleinen Schublädchen. Wir haben das natürlich gleich ausprobiert und so wirft Susanne in einen der Münzsammelbehälter 100 Yen (80 Cent) ein. Dann nimmt sie eine der herumstehenden sechseckigen Metalldosen, welche mit vielen Holzstäbchen mit unterschiedlicher Beschriftung gefüllt sind. Diese Dose schüttelt sie nun kräftig und versucht durch gezieltes Weiterschütteln eines der Stäbchen durch die einzige Öffnung, ein kleines Loch im Durchmesser eines Stäbchens, herauszuschütteln. Wenn man das Stäbchen heraußen hat liest man die Beschriftung des Stäbchens ab und sucht das gleichartig beschriftete Lädchen. Des Lesens der japanischen Schrift nicht fähig, bedeutet das für uns einen Zeichen-Für-Zeichen-Vergleich. Hauserl, Fähnchen, Alien.
Bald hat Susanne das Lädchen gefunden und geöffnet. Darin befindet sich ein Stapel kleiner Zettel, alle mit dem gleichen Inhalt. Also, einen Zettel herausgenommen, Lädchen wieder zu und Stäbchen zurück in die Metalldose gesteckt.
Und was hält das Orakel für Susanne nun bereit? In verschiedensten Sprachen, auch in Englisch, nicht jedoch in Deutsch, steht auf dem Zettel:
„No. 24 Bad Fortune: 3 women shouldn’t meet together, as they talk too loudly. Though they exchange the words of promise, those will never be realized. The departed soul will not come up to us. Be more faithful in believing the Gods and Buddha. Let’s discriminate the black and white among the accumulated cloth.“
Also wer das versteht, dem gilt meine Hochachtung. Für alle anderen weniger esoterisch vorgebildeten Flachdenker, wie mir, gibt’s auf selbigem Zetterl einige vorgefertigte Interpretationen, die da sind…
* Your request will be granted.
* The patient will get well but it takes time.
* The lost article will be found but late.
* The expected guests will appear late.
* Building a new house and removal are both bad.
* It is bad to start a trip now.
* Marriage and employment are both bad.
Also, hätte sich Susanne, bevor sie das Omikuji durchgeführt hat, etwas gewünscht oder eine Frage ans Orakel gerichtet, so hätte sie diese Antworten bekommen. Und vielleicht hätte eine dieser Antworten auch gepasst. Aber das hat sie leider nicht gemacht. Also leere Meter fürs Orakel 🙂
Da der Shintoismus aber eine ausgesprochen praxisorientierte Religion für den Alltag und für Jedermann ist, gibt es auch für schlechte Weissagungen eine glückversprechende Lösung. Wenn man mit seiner Weissagung zufrieden ist, nimmt man sie mit nach Hause. Wenn man aber nicht zufrieden ist damit, so faltet man das Zetterl zu einem Papierstreifen und knotet es an ein extra dafür bereitgestelltes Holzgestell. Das Zetterl wird angeblich gemeinsam mit hunderten anderen bei der abendlichen Zeremonie verbrannt und dadurch das weisgesagte Schicksal abgewendet.