Von Südgeorgien ging es nun auf der Scotiasee in zwei weiteren Seetagen weiter zu den Südlichen Orkneyinseln. Diese kleine Inselgruppe umschifften wir südlich, um dem Sturm, der uns dicht auf den Fersen folgte, möglichst gut zu entkommen.
Verbarrikadierte Fensterscheiben
Die zwei Tage auf hoher See waren insgesamt wieder ein sehr schaukeliges Vergnügen. Während wir bei der Abfahrt von Südgeorgien noch kurz die Sonne sahen, und die erste Nacht recht ruhig verlief, wurde am ersten dieser beiden Seetage der Wellengang im stärker. Bald wurde es so trüb, dass Himmel und Meer am Horizont ineinander flossen und schlussendlich rund um uns alles nur mehr grau in grau erschien. Auch Regen gesellte sich dazu und diesmal wurden sogar auf Deck 3 die großen Fensterscheiben der Lounge mit verschraubten Metallplatten abgedeckt. Auch wenn es zur Sicherheit dient, machte es nicht gerade ein entspanntes Gefühl für die weitere Reise am offenen Meer.
Bullaugen wieder verschlossen
Natürlich waren auch die Bullaugen auf Deck 2 wieder verschlossen und damit auch die unserer Kabine. Mich machte das grantig. Mir war beim Buchen einer Kabine mit Bullaugen wohl bewusst, dass man aus drei Bullaugen nicht so einen Weitblick wie mit einem Fenster hat. Aber, dass sie überhaupt abgedeckt werden können und dann auch noch so oft mit den dicken Metallplatten verschlossen sind, hat niemand erwähnt. Und über zwei Tage ganz ohne Tageslicht in der Kabine ist echt frustrierend.
Deshalb gingen wir immer wieder in die Bar auf Deck 4 oder gleich aufs Außendeck auf dieser Etage. Denn selbst bei den zahlreichen Vorträgen, die es wie immer an Seetagen gab, saß man ja zu dieser Zeit auf Deck 3 im Raum ohne Ausblick.
Immer wenn wir im Cafe saßen, zogen mehr oder minder ständig ein paar in die roten Expeditionsjacken gut eingepackten Passagiere vorbei. Denn auf Deck 4 konnte man rundherum laufen. Das war wie spazieren gehen für Arme. Da wir sonst keinen Auslauf hatten, machten wir alle immer wieder diese Runden.
Wind zum Abheben
Desto später wir an diesem Tag unsere Kreise zogen, um so windiger wurde es. Am Schluss gab es dann schon Runden, wo wir den Bug nur umrunden konnten, wenn wir uns mit Hilfe der Handläufe vorwärts zogen. Ein bisschen hatten wir das Gefühl, wir würden gleich abheben. Wenn man das nicht selbst erlebt, ist es fast unvorstellbar, welche Kraft Wind haben kann.
Anstrengende Nacht
In der anschließenden Nacht war es ebenfalls extrem unruhig. Ich hatte mir am Abend wieder Tabletten gegen Seekrankheit geholt. Diesmal die leichtere Version, damit ich nicht 24 Stunden lang ausgeknockt bin. Leider machte es eine aktuelle Verkühlung, an der ich gerade laborierte, auch nicht gerade besser. Also insgesamt war die Nacht sehr anstrengend und dann war es in unserer Kabine recht kalt. Sogar Andreas fröstelte. Zum Glück wurde die Temperaturregelung sofort repariert, als wir das in der Früh meldeten. Ab diesem Zeitpunkt hatten wir es immer sehr angenehm warm in unserer Kabine.
Freundliche Antarktis
In der zweiten Nacht hatten wir nun den 60 Breitengrad überquert und waren damit nun auch aus ozeanographischer Sicht ganz offiziell in der Antarktis. Am meisten freuten wir uns darüber, dass dieser Tag viel freundlicher war. Sonnenschein und vormittags sogar strahlend blauer Himmel. Das Meer war viel ruhiger und zu Mittag wurden endlich wieder die Luken auf Deck 2 geöffnet.
Diesen Tag nutzen wir deshalb gleich noch viel lieber, um etliche Male unsere Jacken, Hauben und Handschuhe zu schnappen und ein paar Runden an der frischen Luft am Promenadendeck zu drehen. Ich hatte den Eindruck, dass immer mehr Passagiere ihre Spaziergehrunden am Außendeck auf Ebene 4 machten. Ich hatte bisher noch nie eine Schiffsreise in Betracht gezogen, weil ich genau vor dem Lagerkoller Bammel hatte. Und ein bisschen ist der bei mir ausgebrochen. Auch wenn das Hinausgehen schon vieles besser machte, freute ich mich schon auf den nächsten Landgang. Nach kurzer Zeit kannten wir schon jeden Meter auf diesem Schiff. Außerdem vermisste ich schon das Stehen auf stabilem Untergrund.
Gemütlicher Seetag am Weg zu Elephant Island
Der Tag verlief recht entspannt. Es gab wieder einen intensiven Biosicherheitscheck. Also alle Außenschichten wurden auf Fremdmaterial überprüft, abgezupft und teilweise abgesaugt. Außerdem freuten wir uns über mehrere Walsichtungen. Sobald wir zum Beispiel „Finwal auf 9 Uhr“ hörten, schnappten wir uns Kamera und Jacke und stürmen auf die Außendecks. Leider waren die Wale immer recht weit entfernt und wir konnten nicht so gute Bilder machen. Aber wir hofften auf weitere Wale in der Antarktis, die vielleicht doch noch etwas näher kommen würden.
Bereits am Nachmittag reduzierte das Schiff sein Tempo, da wir schon in der Nähe unseres nächsten Zieles Elephant Island waren. In den dortigen antarktischen Gewässern trieben bereits eine Menge an Eisschollen herum. Darum fuhr das Schiff in der Nacht nicht weiter. Das klang jedenfalls nach einer weisen Entscheidung.
Schlussendlich hatten sich meine Verkühlung und mein Schnupfen endlich wieder beruhigt. Also alles bestens für die Tage in der Antarktis.
Ein Gedanke zu „Stürmische Scotiasee am Weg in die „echte“ Antarktis“
Na bum, hört sich ganz schön anstrengend an die 2 See Tage ,noch dazu mit so unruhigen Seegang.
Zum Glück hatte sich deine Verkühlung dann wieder gebessert .
Warum müssen die Bullaugen geschlossen werden? Könnte der wilde Seegang etwas kaputt machen ?
Am letzten Foto merkt man dass es dir nicht wirklich gut geht. Freue mich auf den Bericht vom nächsten Landgang.
lg Lilly