Susanne hat in ihrem ersten Blogbeitrag Tapei ein „charmamantes Ostblock-Flair“ zugesprochen. Dem muss ich widersprechen. Zumal sich Taiwan (ROC), seit der Niederlage im Bürgerkrieg in China (VRC) und seiner Separierung, sehr massiv gegen den Kommunismus gestemmt hat.
Ich denke, dass Susannes Eindruck davon herrührt, dass es in Taipei noch recht viel Baubestand aus der Nachkriegszeit des 2. Weltkrieges gibt. Also Bauten aus den 50er- und 60er-Jahren. Wer sich noch an den alten Südbahnhof und/oder den alten Westbahnhof in Wien (beide in den 1950er-Jahren errichtet) erinnern kann … der Hauptbahnhof von Taipei ist diesen beiden nicht unähnlich. Und es gibt noch viele andere Gebäude mit ähnlichem Baustil, vor allem in den inneren Stadtbereichen.
Mir schwebt ein ganz anderer Vergleich vor. Taipei erinnert mich vielerorts an Japan. Konkret an Osaka. Es gibt hier viele Spuren und Eindrücke, die die 50 Jahre andauernde Besetzung Taiwans durch die Japaner hinterlassen hat.
Japan + China = Taipei
Taipei scheint wie eine Mischung aus Japan und China. Korrekt, aufgräumt, pragmatisch und ziemlich diszipliniert. Nicht so hipp und überkanditelt wie Tokyo, sondern mehr so hemdsärmelig wie Osaka. Andererseits voller Chinesen – eh‘ klar, ist ja auch die „Republic of China“. Dadurch ist es hier viel lauter und merklich schmutziger und abgefackter als in Japan.
Wir fanden hier auch viele Geschäfte und Produkte wieder, die wir aus Japan kennen. Scheinbar haben sich japanische Hersteller auf Taiwan als zusätzlichen Absatzmarkt konzentriert, was sicherlich auch historische Gründe, 50 Jahre Besetzung, hat. Auch gibt es hier viele japanische Lokale – natürlich nicht so viele, wie chinesische Lokale 🙂 – und japanische Speisen.
Und … Dr. Sun Yat-Sen, der als Gründungsvater des modernen Chinas gilt und in Taiwan deswegen auch sehr verehrt wird, hat viele Jahre in Japan gelebt, von dort aus gewirkt und dort die Kuomintang-Partei, welche eine bedeutende Rolle in der Geschichte Taiwans inne hatte, begründet.
Fazit: Taipei macht auf mich den Eindruck einer sympathischen Verquickung von China und Japan, mit einem Schuss „das machen wir jetzt ganz anders und besser“. Oder, so wären die Chinesen, wenn sie Japaner wären. Oder umgekehrt.