Zugfahrt – einmal rund um Yangon

 

Um die öffentlichen Verkehrsmitteln ist es in Yangon nicht so gut bestellt. Vor allem nicht für Touristen. Doch es gibt eine interessante Möglichkeit die Stadt mit der Bahn zu umrunden und dabei einen kleinen Einblick in verschiedene Gegenden zu erhalten. Für die 46 Kilometer bzw. 39 Stationen braucht der Zug über drei Stunden. Schnell ist der Zug gar nicht. In diesem Fall ist das gut, weil man in Ruhe das Treiben in den Stationen und entlang der Bahnlinie beobachten kann. Noch mehr Abwechslung bringen die Ereignisse im Zug. Langweilig ist so eine Fahrt überhaupt nicht.

Desolater Bahnhof

Gestartet haben wir unsere Circle Line-Runden bei Yangon Central Station. Ein altes Kolonialgebäude, das seine besten Jahre schon ewige Zeiten hinter sich hat. Von außen könnte man meinen, dass dieser Bahnhof gar nicht mehr in Betrieb ist. Doch im Inneren ist einiges los, weil jede Menge Reisende auf ihre Züge warten. Total kurios war die Ladestation im verfallenen Bahngehofsgebäude. Die Batterien von Steckdosen sehen so aus, als wären sie aus der Zukunft hierher gebeamt worden. 

Die Circle Line startet auf Bahnsteig 7 wo man auch direkt seine Fahrkarte für 200 Kyat also 13 Cent kauft. Interessante Preisgestaltung im Vergleich dazu kostet der Besuch der Bahnhofstoilette 100 Kyat, ist aber auch ein Abenteuer. Nach nur 10 Minuten ist unser Zug in den Bahnhof eingefahren. Wobei fahren leicht übertrieben ist. Es ist vielmehr dahin geschlichen. Wobei dieses dahinschleichen auf weiten Teilen der Strecke die normale Fahrtgeschwindigkeit war.

Ohne Fenster und Türen

Die Züge sind in Yangon mindestens so alt wie der Bahnhof. Und recht interessant gestaltet. Fenster und Türen gibt es nicht. Vor den Fenstern sind Blechplatten, mit denen man die Fenster theoretisch verschließen könnte. In den Wagons sind an der Decke Ventilatoren angebracht, die zum Großteil nicht mehr funktionstüchtig sind. Und am hinteren Ende des Zuges sind einfach offene Verbindungsdurchgänge. Da alles so offen ist, steigen manche Menschen auch schon aus oder ein, während der Zug noch oder schon rollt. Was bei uns undenkbar wäre, ist hier Alltag. Und ich finde es erfrischend, dass es kein übertriebenes Sicherheitsaufgebot gibt. 

Die Bahnhöfe funktionieren auch etwas anders. Wobei der Großteil der Bahnhöfe echt klein sind. Außer bei der Central Station gibt es keine Übergänge. Wenn man also mit dem Zug fährt, der am anderen Gleis abfährt, dann geht man einfach über die Gleise. Oder man wartet bis der Zug da ist und steigt von der anderen Seite ein. Da es eh keine Türen gibt, ist es auch egal, von welcher Seite man den Zug betritt. Bei den Bahnübergängen geht auch alles viel flotter. Sobald der Zug den letzten Zentimeter aus dem Bahnübergang bewegt, setzten sich sofort alle in Bewegung. So schnell kann man bei uns gar keinen Bahnschranken öffnen.

Grün, aber zu viel Müll

Wenn man aus dem Zug sieht, merkt man sofort, dass Yangon sehr grün ist. Und streckenweise sieht das wirklich sehr schön aus. Leider haben wir aber auf dem Großteil der Strecke nicht nur immer wieder Müll entlang der Bahntrasse und auf in den Bahnhöfen gesehen sondern regelmäßig ganze Müllhalden. Oft konnten wir erkennen, dass genau neben ein paar Häusern, Baracken oder Verschläge – also da wo die Menschen wohnen – der Müll einfach abgeladen wird. Manchmal hinter einer Mauer. Ganz nach dem Motto, wenn es keiner sieht, ist da auch nichts. Das ist wirklich sehr, sehr schade. Denn wenn man den Müll ausblendet, sieht man ein total schönes Yangon mit toller üppiger Vegetation. 

Fliegende Händler

Spannend war es jedenfalls im Zug. Wir sind aus dem Staunen oft gar nicht heraus gekommen. Wie so oft in Myanmar, ziehen die Menschen auch im Zug ihre Flipflops aus und setzen sich dann mit den Beinen oben gemütlich auf die Bänke.

Im Gegenzug wurden auch wir oft von den Einheimischen interessiert beäugt. Jedenfalls herrscht hier buntes Treiben, den laufend durchqueren fliegenden Händler die Wagons um Essen, Getränke, Telefonwertkarten, Taschenlampen, T-Shirts oder Betelnuss lautstark anzubieten. 

Essen mit Schere zubereiten

Bei der Zubereitung der Snacks nehmen die Verkäuferinnen zur Zubereitung auf ihren mitgebrachten Plastikschemel Platz, tun ihr sombrerogroßes Tablett vom Kopf auf ihre Knie, um mit der Schere die Zutaten zu zerkleinern bevor sie vermischt und im Sackerl oder Styroporschale serviert wird. Essen mit der Schere zu schneiden sieht recht witzig aus, ist aber eigentlich eine sehr schlaue Sache, weil die Verletzungsgefahr mit Schere natürlich viel geringer als mit Messern ist.

Kurioses Verkäufergebahren

Interessiert beobachteten wir einen Weintraubenverkäufer längere Zeit. Er nahm eine Traube nach der anderen in die Hand und schnitt sorgfältig die nicht so schönen Trauben heraus während er ständig hustete und so seine Bazillen und Spucke gleichmäßig auf seinen Trauben verteilte. Obwohl die Trauben sehr lecker aussahen, wollten hatten wir doch keinen Appetit darauf. 

Ebenso besonders war für uns die Vorgangsweise eine Orangensaftverkäufers. Er hatte einige Becher auf dem Deckel seiner Thermoskanne stehen. Wobei im Deckel Wasser stand und die Becher waren dort eingetaucht. Wenn ein Kunde Saft wollte, wurde mit einem der Becher der Saft aus dem Gefäß heraus geschöpft, der Kunde trank den Saft und dann kam der Becher wieder zu den anderen. Mit dem Schwamm wurde dann das Wasser aus dem Deckel aufgesaugt und wieder über die Becher verteilt. Auch nicht einladend für uns.

Pause

Da die Züge keine Toiletten haben und drei Stunden ohne Toilette für mich einfach viel zu lange ist, sind wir in Mingaladon ausgestiegen. Die Bahnhöfe sind hier so klein, dass es auch keine Toiletten gibt. Also suchten wir in dem unscheinbaren Ort ein Restaurant und fuhren dann mit dem nächsten Zug – die hier stündlich verkehren – weiter. Bis wir wieder bei Yangon Central Station landeten.

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